Drei Fragen an Frank Schäfer zu »Heavy Kraut«
Mit »Heavy Kraut. Wie der Metal nach Deutschland kam« schließt Frank Schäfer eine der letzten Leerstellen in der Dokumentation und Forschung über harten Rock und Heavy Metal. Schäfer hat die Protagonisten von Damals, also der Zeit als selbst die Scorpions noch auf Dorffesten spielten, zum Reden gebracht. Herausgekommen ist »[…] das „Please Kill Me“ des deutschen Metal […] Eine absolut wegweisende Arbeit. Pflichtlektüre von der Vorschule bis zur Oberprima.« (Rock Hard)
Warum hast du für »Heavy Kraut« die Form der Oral History gewählt?
Gute Frage. Ich hatte ein Jahr lang vor, das in die für mich erprobte Form eines musikhistorischen Essays zu verpacken, und hab dabei gemerkt, dass ich ohnehin meistens O-Töne zitiere und oft auch einfach nur paraphrasiere, damit es mehr nach Essay aussieht. Die Grundlage des Buches sind eben Gespräche mit den beteiligten Musikern und anderen Zeitzeugen. Und dann gab es das Problem, das beim Essay immer auftaucht: Man hat ein wunderbares Zitat, das Aufschluss gibt über das Zeitgefühl, die Szene oder das Business, aber es passt nicht richtig in den Argumentationsfluss, man muss es also schweren Herzens weglassen. Die Collageform bei einer Oral History ist da sehr viel aufnahmefähiger. Man rechnet doch geradezu mit Widerspruch, Gegenrede und Abschweifung, und wenn es tatsächlich mal nötig war, habe ich mich eben als Spielleiter eingeschaltet und ein bisschen kommentiert. Es war aber gar nicht oft nötig.
Gibt es für dich den einen »Erweckungsmoment«, also das Ereignis, welches aus Hardrock in Deutschland Heavy Metal machte?
Ja, eindeutig »Breaker« von Accept. Und das sehe nicht nur ich so, das bestätigen alle meine Gesprächspartner. Ich habe das Album damals nach Erscheinen sofort gekauft und habe das genauso empfunden wie der Metal-Historiker Matthias Mader, der vom »Kulturschock« spricht. Mit dem Opener »Starlight« beginnt eine neue Zeit. Aber so ein Song fällt ja nicht vom Himmel, dem gehen sound- und spieltechnisch Veränderungen voran, da gärt vorher was, und diesen Gärungsprozess nachzuzeichnen, darum ging es in dem Buch.
Welches sind deine drei Lieblingsanekdoten aus »Heavy Kraut«?
Schön finde ich, wie der Mass-Bassist Günther V. Radny über seine Backstageerlebnisse mit Thin Lizzy erzählt. Er schielt auf eine Kiste mit teuren Basssaiten, Phil Lynott, dieser Grundsympath, bemerkt es und meint nur, er möge sich bedienen. Ohne Gehabe, einfach nur kollegial. Oder wie Radny vor einem Konzert in seiner Heimatstadt die Scorpions trifft und Klaus Meine und Rudolf Schenker sich streiten, ob sie sich ein Hotel leisten können. Meine setzt Schenker die Pistole auf die Brust: »Wenn wir heute kein Hotel nehmen, bin ich draußen!« Oder wie Uli Meißner seine Tourerlebnisse im Vorprogramm von AC/DC beschreibt. Die erste Begegnung mit Bon Scott. Der braucht dringend Kippen, bekommt sie und schenkt ihnen dafür eine Flasche Whiskey. Eine Hand wäscht die andere. Man freut sich doch, wenn die Menschen, deren Musik man schätzt, einem auch menschlich ans Herz wachsen.
Pressereaktionen (wird fortgesetzt):
»Von Anekdoten und einordnenden Rückblicken, wie sich der Hardrock in West- und Ostdeutschland Ende der 70er-Jahre zu Heavy Metal aushärtete.« Musikexpress
»Zwanglose Millieustudie (…), die das Lebensgefühl der damaligen Zeit widerspiegelt und Infos bereitstellt, die selbst für Insider neu sind.« MINT
»Ein tolles Stück deutscher Musikgeschichte auf knapp 300 Seiten. Sehr zu empfehlen!« magaSzene
»Ein Standardwerk, das auch viel über die deutsche Gesellschaft in den Siebzigern erzählt.« Rolling Stone
Fotos: Reiffer (Autor), Unbekannt / Archiv Fargopeter Knorn, Gruppe Prinzip