Drei Fragen an Frank Schäfer zu seinem Buch über das Burg Herzberg Festival
„Burg Herzberg Festival – since 1968“ ist das neuste Werk vom Journalisten und Schriftsteller Frank Schäfer. Der Kenner, Liebhaber und Chronist der Rockmusikhistorie und des Festivals, welches erstmals als Bandwettstreit 1968 in Nordhessen stattfand, hat der „Traditional Hippie Convention“ ein opulentes Geburtstagsgeschenk gemacht. 272 Seiten, Hardcover, reich bebildert und fast zwei Kilogramm schwer.
Open Air Festivals gibt es viele. Nicht über jedes würde man unbedingt ein Buch schreiben. Warum über das Burg Herzberg Festival? Was ist das besondere – mal abgesehen davon, dass es erstmals 1968 statt fand?
Hier hat man, vielleicht zum ersten und einzigen Mal in der Festivalgeschichte, den Fall, dass eine Szene, also die Besucher selbst sich ein Festival nach ihrem Gusto gestalten. Es sollte zunächst gar kein Hippie-Festival sein, als man 1991 das Festival wiederbelebte, man suchte einfach einen pittoresken Ort, um ein paar Bands spielen zu lassen und erinnerte sich an die Zeit von 68-71. Aber die Szene von damals erinnerte sich eben auch, sie usurpierte das Festival und machte daraus dann das Hippie-Festival, das wir heute kennen. Und so ist das eigentlich immer noch. Die Festival-Betreiber schaffen einen Rahmen, aber der muss immer wieder erweitert, verändert, neu gezimmert werden , weil die Menschen innerhalb dieses Rahmens was ausprobieren, das Festival weiterentwickeln. Der Umstand zum Beispiel, dass die Besucher eigene Bühnen entwickeln, Mental Stage oder Höllenschuppen, die dann irgendwann selbst Teil des „offiziellen“ Festivals sind, das ist einmalig in der Festivalkultur. So eine organische Regenerations- und Entwicklungsfähigkeit aus sich selbst heraus, das ist was Besonderes und das macht natürlich auch was mit der Atmosphäre.
Die Recherchearbeit war ja knifflig, das Pressearchiv teilweise dünn. Wie hast du all die Infos zusammenbekommen, und gab es dabei einen ganz besonders hervorragenden Moment?
Das Archiv birgt schon viele Schätze, es ist natürlich nicht wirklich gut sortiert, weil man sich keinen Archivar leisten kann, der das professionell betreibt, aber da gibt es schon genügend Material. Schwierig wird es dann bei den weichen Fakten, die kein Archiv liefern kann, dem Anekdotischen, dem Atmosphärischen, den kleinen Problemen oder Triumphen, die eben nicht in der gedruckten Festivalberichterstattung auftauchen. Da muss man Leute befragen, und man sollte am besten viele Leute befragen, weil die Erinnerung ein unsicherer Kantonist ist, nicht nur bei Hippies, aber vor allem natürlich bei Hippies. „Wer sich an das Herzberg Festival erinnert, hat es nicht erlebt!“, könnte man den alten Falco-Spruch abwandeln. Es gibt aber gerade bei Stammgästen das Problem, das kenne ich aus eigener Erfahrung, dass die Festivals zu einem einzigen Kontinuum zusammenschnurren, man erinnert sich an große Momente, aber es ist sehr mühselig, die tatsächlich zeitlich zu fixieren.
Warum sollte man das Festival, unabhängig von seiner Historie und den Bands, unbedingt mal besucht haben?
Es gibt da diesen schönen Vertrauensvorschuss dem Fremden gegenüber. Als ich zum ersten Mal da war und für den „Rolling Stone“ berichten sollte und meine Stirn etwas krauszog, weil ich mich erst einmal orientieren musste, nahm eine Frau gleich meine Hand und streichelte sie. „Komm doch erstmal an, du bist so verspannt.“ Man kann das auch blöd finden, mich rührt so etwas. Und als mein Freund Jo mal betrunken und durchgeregnet unser Zelt nicht mehr gefunden hat, hat ihn Gabi aus Nörten-Hardenberg in ihren Tipi genommen, ihn gewärmt und gefüttert und anschließend noch richtig duchgetröstet. Ich meine, das ist der richtige Geist.
Zum Buch „Burg Herzberg Festival – since 1968“
Die Presse über das Buch (Auswahl wird laufend aktualisiert):
Vorababdruck im „Rolling Stone“
Kurt Mitzkatis (germanrock.de) im Gespräch mit Frank Schäfer über das Buch
Foto oben (Reiffer), Mitte (C. Krackhardt), unten (Reiffer)